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 Keine Gerechtigkeit, kein Frieden!

 

 

 

 

Frankreich: Communique der Federation Anarchiste - Keine Gerechtigkeit, kein Frieden!

 

Die Ereignisse, die die französischen Vorstädte jetzt seit fast zwei Wochen erschüttern, sind definitiv der Ausdruck einer Rebellion mit einer unbestreitbar politischen Dimension. Die Riots sind offensichtlich gegen die Repräsentanten und Symbole einer Gesellschaftsordnung, die ungleich, rassistisch und unterdrückerisch ist, die junge Leute aus diesen Vierteln als "Abschaum" ansieht, die mit dem Dampfstrahler gesäubert werden und dann im Gefängnis verfaulen sollen. In diesem Zusammenhang ist das Anzünden eines Autos, eines öffentlichen Gebäudes oder eines Geschäftes ein politischer Akt. Obwohl wir die Weisheit dieser Aktionen in Frage stellen können - insbesondere, da sie für die Bevölkerung mehr Probleme bringen, als für die Bourgeoisie und diejenigen, die wirklich schuld an dieser Situation sind -, bleibt die Tatsache bestehen, daß diese jungen Leute nur auf eine solche Weise Gehör verschaffen können, da diese Gesellschaft ihnen nichts anzubieten hat außer Knechtschaft, Frustration und Bullen. Um repressive Politik durchsetzen und das Leiden der Vorstädte kriminalisieren zu können, müssen die gesellschaftlichen Ursachen dieser Gewalt zuerst geleugnet werden.

 

Es ist geradezu als wüßten sie nicht, daß Menschen in diesen Schlafstädten lebten, die außerhalb der Städte gebaut wurden, wo ImmigrantInnen und Arme wie in einem Lagerhaus gehalten werden. Diese Architektur umfaßt alles, was bei der Stadtplanung falsch gemacht werden kann und daher auch alles, was das Leben schwierig macht. In diesen Gebäuden gibt es keine Begegnungsstätten. In diesen Gebäuden ist Arbeitslosigkeit und Leid das tägliche Los der Erwachsenen und die Zukunft der Kinder. Mensch braucht keinE SoziologIn oder WahrsagerIn sein um vorauszusagen, was heute passiert. Wenn Individuen in einem solchen Maße negiert werden, ist es natürlich, wenn sie rebellieren. Wenn PolitikerInnen sich darüber ereifern, daß die jungen Leute in den Vorstädten die staatlichen Institutionen nicht respektieren, scheinen sie zu vergessen, daß der Staat sich um sie seit Jahrzehnten nicht gekümmert hat.

 

Nach einer Reihe von Wahlniederlagen und Provokationen seitens eines Innenministers, der "weiß, wie man redet", haben diese marginalisierten, mißhandelten und zu Sündenböcken gemachten Menschen spontan rebelliert. Nur jemand wie der Innenminister kann wirklich glauben, daß eine Organisation dahinter steht. Diejenigen, die dies verursacht haben sind die, die diese Gebäude errichten ließen und diejenigen, die es zuließen, daß sich die Lebensbedingungen der Menschen dort verschlechterten, ohne ihnen irgendwelche nötige Hilfe oder Unterstützung zu bieten.

 

Die Besetzung dieser Vorstädte durch Riot-Einheiten und Spezialtruppen der Polizei, durch Hubschrauber, die die ganze Nacht über den Köpfen dröhnen sowie die Einberufung von Reservisten.... all dies ist nur ein militärischer Bonus für die Regierung, wird aber nichts weiter beitragen, als Feuer und Ärger zu nähren. Tausende von Verhaftungen, über 700 Anklagen unter oft lächerlichen Vorwänden und ohne jeglichen Beweis, all dies wird nichts dazu beitragen, die soziale Entfremdung der Vorstädte und der Jugend zu beseitigen.

 

Die Anwendung von Sondergesetzen wie zb Ausgangssperren, die aus dem Algerienkrieg stammen, ist wahrhaft eine Prvokation für diese ärgerlichen jungen Leute sowie auch eine fundamentale Bedrohung bürgerlicher Freiheit. Das Gesetz erlaubt es Präfekten, einfach zu entscheiden, ob sie eine Ausgangssperre erlassen oder nicht; es ermöglicht Polizeirazzien zu jeder Tages- und Nachtzeit, es verbietet den Menschen, die als Bedrohung angesehen werden, den Zugang zu bestimmten Gebieten und verbietet ihnen, ihre Wohnungen zu verlassen; es erlaubt den Präfekten, öffentliche Versammlungen zu verbieten, Kinos, Theater, Cafes, Treffpunkte zu schließen und auch die Medien zu kontrollieren - Presse, Radio, Fernsehen oder auch das Internet.

 

Nach der systematischen Unterdrückung von sozialen Bewegungen und Gewerkschaften (die Intervention der GIPN gegen die Postangestellten in B`egles, die massiven Übergriffe gegen Anti-GMO-AktivistInnen, der Angriff von GIGN und Marinekommandos gegen die meuternden Matrosen der "Pascal Paoli") bereitet der Staat den sozialen Krieg gegen die Armen und alle diejenigen vor, die diese Klassengesellschaft ablehnen. Die Regierung geht mit voller Kraft voraus einen faschistischen Kurs an und dies sollte Grund genug sein, alle Bereiche der sozialen Bewegungen und Gewerkschaften zur Verteidigung unserer Freiheiten und unserer bisherigen sozialen Errungenschaften zu mobilisieren.

 

Ja, es gibt Gründe für die Rebellion, aber das Inbrandsetzen von Autos (die oft genug Personen gehören, die genauso arm sind) und das wahllose Zuschlagen richtet keinen Schaden an und verstärkt nur den eingeengt nach innen gerichteten Blick (sei es nationalistisch oder religiös). Unsere Rebellion sollte darauf basieren, gegen diejenigen zu opponieren, die tatsächlich an Leid und Verarmung schuld sind: Kapitalismus und Staat. Und unsere Rebellion wird nur stimmig, wenn sie sich gegen den Kapitalismus und seine zerstörerische Wirkung organisiert, wenn sie sich in den Gemeinden gegen Gerichtsvollzieher, gegen hohe Mieten und für wirkliche öffentliche Dienste (gleicher Zugang für alle, darunter auch freie Transportmittel....) organisiert.

 

Die Anarchistische Föderation fordert, daß die Repressionskräfte zurückgezogen werden, daß die Notstandsmaßnahmen und Sondergesetze zurückgenommen werden, daß die Ermittlungen und Anklagen gegen alle jungen Rebellen zurückgenommen werden, daß alle Inhaftierten freigelassen werden sowie eine Untersuchung der Todesumstände von Ziad Benna und Bouna Traor'e. Die Anarchistische Föderation versichert den BewohnerInnen, den Familien sowie den ArbeiterInnen in den unter sozialer Gewalt und Polizei leidenden Gebieten ihre Unterstützung. Um diese faschistisch arrogante und verächtliche Regierung in Schach zu halten, brauchen wir Macht an der Basis. Daher müssen wir eine soziale Bewegung ohne parasitäre Politiker und Bürokraten auf der Basis eines libertären Föderalismus und direkter Demokratie aufbauen, mit dem Ziel einer revolutionären Veränderung der Gesellschaft. Dies ist notwendig, um soziale und ökonomische Gleichberechtigung zu erreichen, die allen Menschen Freiheit und Sicherheit garantieren kann!

 

Wer Leid sät, wird Wut ernten!

Für eine libertäre und egalitäre Gesellschaft

Wir müssen die Revolution noch machen!

 

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