Anarchist Communist Federation
Anarchist-Kommunistische Föderation (Großbritannien)
AS WE SEE IT (German translation)
WIE WIR ES SEHEN
Einleitung
Die Welt in der wir leben ergibt keinen Sinn. In der Dritten Welt verhungern Millionen Menschen, während die Wirtschaftsgemeinschaft unverkäufliche Nahrung auf Lager hält. Die Herrschenden benutzen Gewalt um den Frieden zu fördern. Winzige Nationen kämpfen für ein Fleckchen Territorium gegen ihre NachbarInnen. Regierungen stellen kurzfristige Gewinne über die Erhaltung der Weltressourcen. Die große Mehrheit der Welt schuftet für die nackte Existenz, während einige wenige in unermeßlichem Luxus leben. Auf der ganzen Welt werden die Armen unterdrückt. Frauen und "Schwarze" werden mit zusätzlicher Unterjochung und Not konfrontiert.
Angesichts dieses Wahnsinns schlägt die Anarchist Communist Federation eine gänzlich andere Welt vor. Anstatt Raub plädieren wir für Kooperation. Künstlicher Mangel muß durch allgemeinen Überfluß ersetzt werden. Wir müssen in Harmonie mit dem Planeten leben und nicht gegen ihn. Das System von Regierung und Ausbeutung, welches weitläufig als selbstverständlich angenommen wird, muß hinweggefegt werden. Eine bessere Welt ist möglich. Diese Broschüre zielt darauf ab zu erklären wie eine anarchistisch-kommunistische Alternative, vielmehr als ein utopischer Traum zu sein, in Wirklichkeit die bestmögliche, vernünftigste und rationalste Lösung für die Weltprobleme bietet.
1. Ein faules System
Wir leben in einer reichen und wohlhabenden Welt. Es scheint unglaublich, daß mehr als genug für alle da ist, und dies trotz der Armut auf der Welt. Es ist in der Tat ausreichend Nahrung vorhanden um die gesamte Welt drei mal zu ernähren. Während die einen Menschen ohne Nahrung auskommen müssen, können andere es sich erlauben Millionen für Parties und Festessen für ihre reichen Bekannten auszugeben. Daß wir in einer Klassen geprägten Welt leben ist für jedermensch sichtbar. Aber was genau meinen wir mit Klasse? In seiner einfachsten Ausprägung gibt es zwei Klassen: jene die den größten Teil der Kontrolle über den weltweiten Wohlstand und die Ressourcen besitzt, die kapitalistische, herrschende Klasse, und jene die entweder hart arbeiten oder Sozialunterstützung anfordern müssen um überleben zu können, die arbeitende Klasse.
Dieses Klassensystem ist ein bedeutender und fundamentaler Teil des Wirtschaftssystems, welches das Leben einer jeden einzelnen Person auf dieser Welt berührt. Das System heißt "Kapitalismus" und ist, obschon es seine Form von Zeit zu Zeit geändert hat, während der letzten 200 Jahre oder so zur dominierenden Kraft geworden. Derart anpassungsfähig, derart allumfassend und korrumpierend, daß der Kapitalismus von fast allen als natürlich und unvermeidbar angesehen wird. Dem ist aber nicht so.
Obschon der Kapitalismus ein globales System von Ausbeutung und Räuberei ist, mit riesigen multinationalen Firmen, die überall arbeiten, ist seine Grundlage doch recht einfach. Im Grunde wird Wohlstand von jenen Menschen hergestellt, die Werkzeuge benutzen um das Rohmaterial, das die Natur liefert, zu bearbeiten. Um überleben zu können sind die ArbeiterInnen dazu gezwungen ihre Arbeitskraft zu einem Marktpreis zu verkaufen (Lohn-sklaverei). Durch ihre Arbeit liefern die Arbeitenden die Waren, die Teil des alltäglichen Lebens und des Versorgungssystems sind. Nichtsdestoweniger ist die Vergütung, welche die Arbeitenden in Form von Löhnen erhalten geringer als der Wert des Produktes und des Dienstes den sie erbracht haben.
Die Wertdifferenz zwischen dem was die Arbeitenden produzieren und dem was sie verdienen ist die Basis für den Profit, der an die KapitalistInnen geht. Auf diese Art und Weise werden die Arbeitenden überall ihres Anteils an den Erdressourcen und dem Wert ihrer Arbeit beraubt. In diesem Sinne werden sie ausgebeutet. Durch das Anhäufen des Arbeitswertes von Millionen Arbeitenden, erweitern die KapitalistInnen ihren Wohlstand und ihre Macht.
Kapitalismus ist ein halsabschneiderisches Kompetitionssystem, und ist zudem äußerst instabil. Dies führt zu häufigen ökonomischen Krisen, während welchen die KapitalistInnen nur durch den Verbrauch der Arbeitenden überleben können. Sinkt die Profitrate, so werden ArbeiterInnen entlassen und die Massenarbeitslosigkeit steigt, was bereits ein gängiges Charakteristikums des heutigen Alltagslebens ist.
Der Kapitalismus produziert eher Dinge für den Profit als für den Gebrauch. Anstatt eine kleine Palette von sinnvollen Produkten herzustellen, versuchen die Firmen ständig die Reihe der absetzbaren Artikel zu erweitern. So finden wir in den Supermärkten Dutzende von Deodorants, Zahnpastas und Waschpulver. Supermärkte wie Spar, Migros, Aldi/Hofer usw. verkaufen alle mehr oder weniger identische Produkte und verfolgen alle ein Motiv: den/die KonsumierendeN dazu zu bringen ihre Waren zu kaufen. Anstatt darum besorgt zu sein jene Artikel zu liefern, die notwendig für unser Überleben sind, sind sie vielmehr daran interessiert Profit zu machen. Hungrig zu sein reicht nicht aus, die Menschen müssen das Geld haben und die ProfitmacherInnen würden eher Nahrung verfaulen lassen als es an Hungrige oder Arme zu verteilen.
Dies wird besonders dreist, wenn enorme, von den EU-Ländern angehäufte Fleisch-, Butter- und Getreideberge bestehen, trotz entsetzlichen Hungersnöten in großen Teilen Afrikas. In diesem Zusammenhang erscheinen alle karitativen Spendenkampagnen als belanglos. Die Entstehung von Bergen von Nahrungsmitteln ist ein Resultat der erzwungenen Knappheit, was auf dem Markt hohe Preise und Profit bedeutet. Die EU-BürokratInnen würden die Nahrungsmittelberge eher ins Meer kippen, als den Gewinn zu riskieren. Und dies passiert weltweit.
Auf der Suche nach Profit ist der Kapitalismus ins Zeitalter des Konsums hinübergegangen. Wir werden von einem komplizierten Mediennetzwerk zum Kaufen, Kaufen, Kaufen angetrieben. Sogar die Kinder sind nicht mehr vor den Werbungen sicher, die durch das Fernsehen in unsere Heime einfallen und jeden freien Platz mit Preisaufklebern, Parolen und Geschäftsschildern zupflastern. Mit Hilfe von enormen technologischen Ressourcen bringt der Kapitalismus ständig neue Produkte auf den Markt, welche die alten dann ersetzen. Schau dir mal nur an wie sich die Computertechnik innerhalb der letzten Jahre verändert hat. Die technologischen Wunder des vergangenen Jahres sind heute längst überholt.
Derartiger Konsum ist nicht nur auf die westlichen, "entwickelten" Länder beschränkt. Sogar die ärmsten afrikanischen Städte sind vollgepflastert mit Anzeigen, welche die Menschen dazu drängen sinnlose und sogar bedrohliche Waren zu kaufen. Dennoch ist es die arbeitende Klasse der Dritten Welt, die am meisten unter dem internationalen Kapitalismus zu leiden hat, während die regionale, herrschende Klasse sich ihren Teil vom Wohlstand nimmt. Die Ressourcen der Dritten Welt werden ausgeplündert - schau dir nur mal die Abnahme des Regenwaldes an -, und ihre Arbeitenden sind dazu gezwungen in einem Lebensstandard zu weilen, der es ihnen gerade mal so erlaubt zu überleben. Viele Teile Afrikas können ihre Bevölkerung nicht ernähren, und dennoch bauen sie Nahrungsmittel für den Export an. Südostasien ist der Hungerlohnladen und das Bordell der Welt geworden. Alles in allem dringt der Kapitalismus in alle Bereiche des Lebens ein. Coca Cola und McDonald's Hamburger sind die wirklichen Symbole der "neuen Weltordnung".
2. Soziale Kontrolle
Das Leben in einem derartigen System hat als Konsequenz, daß viele arbeitenden Menschen die meiste Zeit über mehr oder weniger unzufrieden sind. Um den Frieden und die Ordnung in der Gesellschaft zu erhalten, sind eine ganze Reihe von Methoden entstanden, und um so auch die Menschen kontrollieren zu können. Die wohl mächtigste davon ist der Staat, obschon soziale Kontrollmechanismen auf jeder Ebene der Gesellschaft wiederzufinden sind.
Der Staat geht kooperativ mit dem Kapitalismus vor, mit welchem er viele gemeinsame Interessen teilt. Der Kapitalismus liefert dem Staat ein wirtschaftliches System, welches ihn durch die Ausbeutung finanziert. Der Staat seinerseits liefert ein Ordnungssystem, das dem Kapitalismus erlaubt seine Geschäfte effizient auszuführen. In Ländern wie China, Kuba, Nord Korea usw. sind diese in einem System eingebunden, das wohl am besten mit "Staats-kapitalismus" beschrieben wird.
Der Staat ist vor allem ein System der organisierten Gewalt, eben um die Herrschaft der kapitalistischen Klasse zu erhalten. Dennoch wird die beste Ordnung durch die Einwilligung der Menschen erreicht und erhalten, und nicht durch nackte Gewalt. Deshalb enthält der moderne Staat Elemente, die im Versuch bestehen unser Denken in eine bestimmte Richtung zu lenken und als gehorsame BürgerInnen zu handeln. Der Staat verfügt über ein einigermaßen freundliches Gesicht, da er Wohltaten begeht die anscheinend den Armen, Kranken und Älteren helfen sollen.
Mittels Regierung, die durch das parlamentarische System und die zivilen Dienste funktioniert, kontrolliert der Staat seine Operationen. Die militärischen Kräfte, die Polizeikräfte, die Gerichtshöfe und die Gefängnisse, sie alle sind darauf aus uns zu kontrollieren. Sie sind brutale Werkzeuge, die uns Bestrafungen auferlegen, wenn wir es wagen ihr "Recht" zu herrschen anzuzweifeln. Der Staat und seine repressiven Kräfte sind in keiner Weise neutral und widersetzen sich aktiv dem Kampf um Befreiung.
Das Wohlfahrtssystem, das Schulsystem und die SozialarbeiterInnen usw., sie alle scheinen im Inneren ein Interesse an uns zu haben. In Wirklichkeit sind sie nur andere und noch subtilere Formen der Kontrolle, oder sind aus ökonomischen Gründen notwendig geworden.
Das Gesundheitssystem existiert nur um eine gesunde Arbeitskraft zu erhalten, aber nur insofern das System gesunde ArbeiterInnen benötigt. Alkoholabusus und Zigaretten sind beides ernste Krankheitsverursacher, dennoch liefern sie dem Staat in Form von Steuern große Geldsummen. Es wurde kein ernster Versuch unternommen um die Gewinnspanne dieser beiden Industriezweige zu untergraben. Der Profit steht über der Gesundheit.
Das Bildungssystem ist ähnlich organisiert, vielleicht sogar noch augenfälliger, damit es Arbeitskräfte liefert, die Lesen, Schreiben und die Grundmathematik beherrschen, als auch gehorsam Befehle entgegennehmen können und Kontrolle von oben akzeptieren. Das Lehrpersonal füllt die Köpfe der jungen Leute mit Ideen, die für die herrschende Klasse annehmbar sind.
Diese Ideen werden durch die Massenmedien verstärkt, inklusive Fernsehen, Radio, Filmindustrie, Tageszeitungen und Zeitschriften. Mitten in ihnen werden eine Reihe von Ideen hergestellt, die unter dem Begriff "öffentliche Meinung" bekannt sind. Die öffentliche Meinung ist das popularisierte Wertsystem der ausbeutenden Klasse, die den Menschen der arbeitenden Klasse gegenüber steht. Somit ist Nationalismus, Religion, Patriotismus, Rassismus und Sexismus, welche die Solidarität der arbeitenden Klasse schwächen, geläufig innerhalb der ArbeiterInnenklasse.
All diese Faktoren tragen zur Illusion bei, daß es Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Demokratie gibt, während in Wirklichkeit die Herrschaft des Kapitalismus und des Staates gestärkt wird. Nehmen wir das Beispiel "Demokratie". Egal welche Partei die allgemeinen "Wahlen" gewinnt, der Kapitalismus und der Staat bleiben unbetroffen davon. Die arbeitende Klasse wird immer noch ausgebeutet und unterdrückt, und die Reichen und Machthabenden klammern sich an ihre Privilegien. Seit die christlichen Parteien maßgeblich an der Aufstellung der Macht beteiligt sind, befinden siesich in der günstigsten Position die Wahlen zu gewinnen. Die SozialdemokratInnen, sogar wenn sie die Chance hätten zu regieren, verhalten sich wie die zahmen Werkzeuge des Kapitalismus, was sie ja in
Wirklichkeit auch sind.
Außerhalb des Staatssystems gibt es Gruppierungen, die behaupten die Interessen der arbeitenden Klasse zu vertreten, während sie aber helfen das System der Unterdrückung und Ausbeutung aufrecht zu erhalten. Die Gewerkschaften sind Beispiele solcher Organisationen. Erstens untergraben sie jeglichen Sinn für Ziele und Solidarität innerhalb der Industrie und der individuellen Arbeitsplätze, in dem sie die Arbeitenden, entsprechend ihre jeweiligen Fähigkeiten spalten. Dies führt die Differenzen zwischen den Einkommen und dem Status innerhalb der arbeitenden Klasse fort, und bildet eine "Aristokratie der Arbeit". Zweitens sind Gewerkschaften oft auf industrieller Basis organisiert und spalten dadurch den Kampf. Wie oft sind Streiks in etlichen Industrien ausgebrochen, um dann einzeln abgewürgt zu werden?
Die Gewerkschaften sind ebenfalls bürokratische Organisationen, welche andere Interessen vertreten als die Arbeitenden, die sie zu führen behaupten. Gewerkschaftsmitglieder wollen Streiks gewinnen, Gewerkschaftsbosse hingegen wollen ihren komfortablen Lebensstil aufrechterhalten. Wenn beide in Konflikt geraten, werden die ArbeiterInnen verraten. Die Gewerkschaftsbürokratie ist tief im Kapitalismus involviert, durch Investierungen, Eigentums-rechte und so weiter.
Der ganze Verhandlungsprozeß zwischen Gewerkschaften und Management (bekannt als kollektives Handeln) dient höchstens dazu den Arbeitenden einige wenige Vorteile zu verschaffen, während das System der Ausbeutung intakt gehalten wird.
Auf einer anderen Ebene wirkt die Familie als wichtige Waffe in den Händen unserer Herrschenden. Die Kinder lernen oft die Anschauung der männlichen Überlegenheit, des Rassismus, des Patriotismus und die Notwendigkeit der Herrschaft und des Gehorsams von ihren Eltern (so wie diese von den ihren). Die Art und Weise, wie die Leute miteinander umgehen verstärkt allzuoft die persönliche Unterdrückung, die abgelehnt werden muß.
3. Alles verändern
Da du nun bis hierhin gelesen hast, fragst du dich bestimmt was getan werden könnte um dieses System der Kontrolle und Ausbeutung zu vernichten, welches alle Bereiche unseres Lebens dominiert. Ist eine Veränderung wirklich möglich?
Die Antwort lautet definitiv: JA! Der Staat und andere unterdrückende Institutionen existieren gerade weil Veränderungen möglich sind. Das kapitalistische System befindet sich in einem ständigen Krisenzustand. Bis zu einem gewissen Grad hilft dieses stetige Auf und Ab, das zum Funktionieren des Kapitalismus dazugehört, diesem daß nur die Tüchtigsten überleben. Andererseits bedeutet dies ständige Instabilität und die Möglichkeit von Arbei-terInnenaufständen, da der zunehmende Kapitalismus es nicht schafft sie zu erlösen.
Das Europa der 80er und 90er war bis dato geprägt von periodischen, lokalen Aufständen gegen die Polizei, der Arbeitslosigkeit, der Langeweile und den Sparkursen. Dennoch sind diese nur geringfügig, verglichen mit dem was in der Vergangenheit passiert ist und was in Zukunft geschehen
könnte. Es ist in diesem Prozeß der radikalen sozialen Veränderung, wo der anarchistische Kommunismus seinen Platz hat. Aber was ist anarchistischer Kommunis-mus?
Kurz formuliert (wir werden weitere Erklärungen im nächsten Kapitel liefern), sehnt der anarchistische Kommunismus die Zerstörung des gegenwärtigen Systems, das den Reichen und Mächtigen dient, herbei. Wir wollen die Entstehung einer Welt, die so organisiert ist, daß sie den fundamentalen menschlichen Bedürfnissen entgegenkommt, wo die Produkte jeglicher Arbeit allen gehören (Kommunismus). Wir wollen ebenfalls die Abschaffung einer mächtigen, herrschenden Klasse. Die Gesellschaft soll von allen Menschen kontrolliert werden, und zwar durch ihre eigene Organisationen (Anarchismus). Ist dies alles aber nicht nur ein schöner Traum?
Eine Tradition der arbeitenden Klasse
Anarchismus ist nicht das gedankliche Produkt einiger, weniger Intellektueller, die keinen Kontakt zu den großen Massen haben. Er entspringt direkt aus dem Kampf der Arbeitenden und Unterdrückten gegen den Kapitalismus, aus ihren Nöten und all ihren unverwirklichten Wünschen nach Freiheit, Gleichheit, Glück und Selbstverwirklichung. Immer wenn in der Vergangenheit Revolutionen die Bosse ausgetauscht haben, sind anarchistische Ideen und Formen der Organisation entstanden, sehr oft spontan und ohne sich mal selbst als anarchistisch zu bezeichnen.
In der Englischen Revolution des 17. Jahrhunderts haben Gruppen wie die Levellers, Ranters und Diggers Ideen der Freiheit, Gleichheit und Justiz entwickelt. Während der Französischen Revolution begannen ArbeiterInnen und HandwerkerInnen, die ihr eigenes Klassenbewußtsein entwickelten, anarchistische Ideen zu entwickeln (die "Enragés"). Es war während der Pariser Commune von 1871, daß die französischen ArbeiterInnen Organisationen der Massenkontrolle bildeten, die das alte System für eine kurze Zeit abschuffen, bevor sie selbst im Blut ertränkt wurden. Während den Russischen Revolutionen von 1905 und 1917 entwickelten ArbeiterInnen und BäuerInnen ähnliche Strukturen der direkten Kontrolle, wie zum Beispiel die ArbeiterInnenräte und Fabrikkomitees. Dies hat nichts mit der bolschevistischen Machtübernahme im Oktober 1917 zu tun. Ähnlich gründeten die ArbeiterInnen 1956 in der Ungarischen Revolution ArbeiterInnenräte als sie sich gegen ihre "kommunistischen" UnterdrückerInnen auflehnten. Während der Maitage 1968 in Frankreich wurden Arbeitsplätze und Universitäten übernommen und in vielen Fällen auf Linien geführt, die dem Anarchismus nahe liegen.
Aus diesen Bewegungen der arbeitenden Menschen hat sich der Anarchismus als eine Kraft der meisten klassenbewußten ArbeiterInnen entwickelt. Im 19. Jahrhundert in der Ersten Internationalen beginnend, hat sich eine distinkte anarchistische Tendenz herauskristallisiert, welche durch den russischen Revolutionären Michail Bakunin und seine FreundInnen und GenossInnen beeinflußt wurde.
Seit dieser Zeit hat der Anarchismus eine wichtige Rolle in der ArbeiterInnenbewegung in der ganzen Welt inne gehabt, von Lateinamerika, bis Deutschland und Schweden, bis China und Japan. Er hat tiefe Wurzeln und Einflüsse in den klassenkämpferischen Organisationen der ArbeiterInnen in Italien, Spanien und Portugal. Er spielte ein bedeutende Rolle in allen größeren modernen Revolutionen.
AnarchistInnen haben seit jeher dafür plädiert und gekämpft, daß die arbeitenden Menschen die Gesellschaft übernehmen und leiten sollten. Die Kontrolle über die Arbeitsplätze in ihre eigenen Hände nehmen sollten. Sie haben stets vor der Möglichkeit gewarnt, daß irgendeine Partei oder andere Gruppierung, während der revolutionären Periode, die Macht auf dem Rücken der ArbeiterInnenklasse ersteigen könnte.
Es war während der Russischen Revolution von 1917, daß die anarchistischen Warnungen vor den Kämpfen, die von KarrieristInnen und professionellen PolitikerInnen einvernommen worden waren, sich als richtig herausstellten. Anarchistische Militante hatten eine aktive und wichtige Rolle unter den einberufenen Soldaten eingenommen, die sich geweigert hatten den Weltkrieg fortzuführen und an den Unruhen in den Städten und auf dem Lande teilgenommen hatten. Sie hatten geholfen das tzaristische Regime als auch die darauf folgende Regierung der MittelklassepolitikerInnen umzukippen.
Während das Jahr 1918 voranschritt wurden die Arbeitenden zusehends militanter und radikaler. Sie übernahmen enthusiastisch die Leitung der Fabriken und verlangten nach einem Ende des alten Herrschaftsystems. Die KleinbäuerInnen beschlagnahmten das Land und die ArbeiterInnen strömten zurück nach Hause. Die anarchistischen Parolen "Das Land denen die es bebauen! Die Fabriken jenen die darin arbeiten!" und "Alle Macht den Räten!" wurden von der Bolschevistischen (Kommunistischen) Partei übernommen. In einer geschickten und vorübergehenden Art und Weise betrog Lenin die revolutionären Massen, um so die Macht zu erlangen. Die Arbeitenden wurden UntertanInnen einer fast unmittelbaren Parteidiktatur, die mit den Jahren immer brutaler wurde.
Die anarchistische Bewegung wurde ebenfalls zum Opfer der bolschevistischen Repression und viele AnarchistInnen wurden erschossen, gefangen genommen oder deportiert. Die BolchevistInnen fürchteten den zunehmenden Einfluß der AnarchistInnen innerhalb der Bevölkerung - es waren die AnarchistInnen gewesen, die an vorderster Front beim Aufstellen von Fabrikskomitees zur Verwaltung von Arbeitsplätzen standen.
In der Ukraine spielte die Makhnovistische Bewegung unter dem Einfluß des anarchistischen Militanten Nestor Makhno eine bedeutende Rolle bei der Bekämpfung der Weißen (Tzaristischen) Armeen, welche hier durchmarschierten auf ihrem Weg die bolschewistische Regierung in Petrograd zu zerstören. Die AnarchistInnen haben im wahrsten Sinne des Wortes das Leben des bolschewistischen Regimes gerettet. Dies hat sie allerdings nicht vor den Attacken Lenins und Trotzkys beschützt. Die MakhnovistInnen waren gezwungen an mehreren Fronten gleichzeitig gegen überwältigende GegnerInnen zu kämpfen und schließlich zu verlieren. Nichtsdestotrotz, und sogar unter sehr schwierigen Kriegs-bedingungen, wagten sie den Allgemeinbesitz des Landes in der Region unter ihrer Kontrolle.
Ebenso wurden revolutionäre Seemänner und ArbeiterInnen in der Flottenbasis von Kronstadt, welche 1917 von der bolchewistischen Führung als die "Blume der Revolution" genannt worden war, 1921 als "Konterrevolutionäre" und "Weißgardisten" gebrandmarkt. Ihr Verbrechen? Sie zweifelten die bolschewistischen Diktatur über die Räte an, die nun vielmehr leere Hülsen als Organisationen der Arbeitenden waren. Die Kronstädter Matrosen wiederbelebten den anarchistischen Fall gegen den Staat, indem sie auf die erschreckende Brutalität der bolschewistischen Polizei, der Staatskorruption und Hungerrationen reagierten. Für diese Unverfrorenheit wurden sie massakriert.
Es war 1936 in Spanien, als die anarchistische Bewegung einer ihrer größten Herausforderungen gegenüberstand und die Möglichkeit einer anarchistisch inspirierten Revolution öffnete. Die anarchistische Massengewerkschaft, die Confederacion Nacional del Trabajo (Nationale Konföderation der Arbeit), und die anarchistische Organisation, die Federacion Anarquista Iberica (Anarchistische Föderation Iberiens) waren an vorderster Front in den Kämpfen gegen Franco (welcher von Militär, FaschistInnen, MonarchistInnen und der katholischen Kirche unterstützt wurde), der beabsichtigte die republikanische Regierung umzustürzen. In vielen Regionen wurden die Militärkräfte Francos ursprünglich von bewaffneten ArbeiterInnen und BäuerInnen besiegt. In Regionen wie Katalonien und Aragon, übernahmen ArbeiterInnen und BäuerInnen die Kontrolle über ihr Leben, indem Land und Fabriken in den kommunitären Besitz übergingen. Dennoch litt der spanische Anarchismus, der voranging auf den Gewerkschaften basierte, an einem mangelhaften politischen Verständnis und wurde bald von den "KommunistInnen" und den republikanischen Regierungs-politikerInnen ausmanövriert. Dies führte leider zu einem Kompromiß vieler anarchistischer Positionen und Politiken. Der spanische Anarchismus wurde nicht allein von den FaschistInnen und dem Kapital besiegt, sondern auch durch die StalinistInnen und die Schwäche ihrer eigenen internen Politik.
Der hier gelieferte Abriß der anarchistischen Entwicklung zeigt, daß reale Veränderungen durch Arbeitende gebracht werden, die vom Anarchismus inspiriert sind. Anarchismus ist kein utopischer Traum. Er ist ein immer präsenter Teil der Bewegung in der Praxis der arbeitenden Klasse. Aufgabe ist es daraus die wichtigste Strömung zu machen. Während in revolutionären Perioden die ArbeiterInnen nach libertären Lösungen für ihre Probleme suchen, gibt es jene wie die TrotzkistInnen und die Mittelklasse PolitikerInnen die versuchen werden sie auszunutzen um ihre eigene Macht zu erweitern.
In der Vergangenheit waren die AnarchistInnen zu naiv. Sie sahen die HauptfeindInnen (korrekterweise) im Kapitalismus und im Staat, aber sie waren sich nicht genügend der Gefahren bewußt, die jene repräsentieren die vorgeben Teil der ArbeiterInnenbewegung zu sein. Es ist aus diesem Grunde, daß eine breite, gut organisierte und politisch bewußte anarchistische Organisation von Nöten ist. Eine derartige Organisation würde alternative Zukunftsvisionen bieten, anarchistische Ideen entwickeln und Gegenargumente zu den StaatssozialistInnen, Liberalen und falschen FreundInnen der ArbeiterInnenklasse liefern. Die FeindInnen des Anarchismus sind gut organisiert, der Anarchismus sollte deshalb besser organisiert sein. Aufgabe der Anarchist Communist Federation ist es bei der Entstehung einer solchen Organisation behilflich zu sein.
4. Anarchie - Eine mögliche Zukunft
Die anarcho-kommunistische Gesellschaft wird gänzlich anders aussehen als unsere gegenwärtige Lebensform. Während der letzten 200 Jahre hat der Kapitalismus die Welt dermaßen verändert, daß sie nicht wiederzuerkennen ist. KapitalistInnen und Staats-kommunistInnen (StaatskapitalistInnen) haben versucht die Natur zu beherrschen, und in dem sie dies taten haben sie uns einem ökologischen Desaster nahe gebracht. Gleich um die Ecke sind Szenen wie aus einem bösen Alptraum möglich, da die Natur der Industrialisierung, Kernkraft, Kohlendioxid-Emissionen, Abholzung, Fabrikwirtschaft usw. Weichen muß.
Anarcho-Kommunismus wird eine radikale Denkveränderung bedeuten, vor allem in der Hinsicht wie wir unser Leben gestalten. Wir werden in Harmonie mit der Natur leben müssen, nicht gegen sie. Brauchen wir wirklich derart viele Autos? Brauchen wir zwanzig Sorten von Zahnbürsten? Gibt es nicht schadstofffreie Formen der Elekrizitätsgewinnung? Diese und unzählige andere ökologische Fragen werden bewältigt werden müssen, falls die Menschen noch mehr von ihrer Zukunft haben wollen.
Genauso wie wir unsere Beziehung zur Natur ändern müssen, so müssen wir auch unsere Umgangsweisen untereinander ändern. Alle Bereiche unseres Lebens sind momentan Subjekt der Kontrolle von oben. Tausende von Menschen verrichten Arbeiten, die daraus hinauslaufen andere zu kommandieren oder deren Freiheit einzuschränken. Junge Menschen, Schwarze, Schwule, Lesben und NonkonformistInnen sind besonders geneigt für Polizeibelästigung. Betreten wir einmal den Arbeitsplatz so weicht jeder Anschein der persönlichen Kontrolle dem unbedeutenden Management und der Tyrannei. Für viele Frauen und Kinder stellt sogar ihre eigenes Zuhause keine Zuflucht dar, in Anbetracht der Gewalt in den Familien.
Anarchie bedeutet Freiheit. Individuen müssen keineswegs der äußeren, eingreifenden Kontrolle unterworfen werden, zumindest so lange sie nicht die Freiheit anderer in Frage stellen. Freiheit besteht aber nicht nur darin, daß du tun kannst was du möchtest. Damit wirkliche Freiheit existieren kann müssen die Menschen über Sicherheit, eine unversehrte und behütende Umwelt, und die Möglichkeit der Selbstentfaltung des gesamten menschlichen Potentials verfügen. Freiheit bedeutet dann die bestmögliche Erziehung und Gesundheits-versorgung, damit wir das beste aus unserem Leben machen können.
Am Besten wird die Freiheit durch sich entwickelnde Gemeinden gestärkt, in welchen die Menschen ihrem eigenen Leben nachgehen können. Unter dem Kapitalismus sind die Gemeinden fast gänzlich verschwunden, da die Individuen und Familien sich in ihren Häusern eingeschlossen haben, und sich somit voneinander isoliert haben. In einer anarchistischen Gesellschaft werden Gemeinden von unterschiedlicher Form entstehen, vielleicht auf Grund des Arbeitsplatzes oder der Lokalität. Diese Gemeinden werden sich freiwillig mit anderen zusammentun, um ein Netzwerk von unabhängigen, kooperierenden Organisationen zu bilden, welche dann die gesamte Gesellschaft verwalten werden.
Dieses System, bekannt als Föderation, wird die Gemeinden zusammenbringen, von der lokalen bis hin zur internationalen Ebene. Dadurch, daß die sozialen Organisationen auf dem Gefühl für Solidarität und der Kooperation basieren, können die Menschen an der Gestaltung ihres Lebens teilnehmen und somit zur Erweiterung der Freiheit beitragen.
So würden die Menschen zum ersten Mal die volle Kontrolle über ihr Leben einnehmen. Es würde keinen Platz für Führende, Bosse, professionelle PolitikerInnen und ZivildienerInnen geben. Dort wo bestimmte Tätigkeiten Personen mit Verantwortungspositionen verlangten, würden derartige Posten auf freiwilliger Basis besetzt werden, vielleicht auch als Teilzeitjobs. Die Personen würden diese Tätigkeiten ausführen, und dabei wäre eine Abberufung ständig möglich, und zwar durch die Mens=
chen für die sie arbeiten.
Anarchismus würde das Ende von Gesetz und Ordnung, wie wir sie heute kennen, bedeuten. Das legale System, das die Polizei, die Justiz und die Gefängnisse umfaßt, ist ein Hilfsmittel um die Reichen und Mächtigen vor den Massen zu beschützen. Nach der Zerstörung von Ungleichheit und der Regierung würden solche Institutionen abgeschafft werden. Die Gefängnisse würden zerstört, die RichterInnen pensioniert und die PolizeibeamtInnen für sozial sinnvolle Tätigkeiten angestellt werden. Die meiste Kriminalität richtet sich gegen Eigentum und wird durch die Ungleichheit des Wohlstandes hervorgerufen. Da die Armut in die Gemeinde einverleibt wird und die Ungleichheit verschwindet, wird auch die Kriminalität abnehmen. Es wird wohl noch einige antisoziale Elemente geben, aber mit diesen würden die Gemeinden selbst auf einer gerechten und humanen Basis umgehen.
Der Kapitalismus hat jede menschliche Beziehung verzerrt und pervertiert. Habgier, Reichtumszuwachs, die berufliche Beförderung, die Reduktion des Menschen auf ökonomische Einheiten, die Isolation von Individuen und so weiter und so fort, all dies sind direkte Folgen davon, daß das Geld über dem Menschen steht.
Der Anarcho-Kommunismus würde den Kapitalismus und das private Eigentum abschaffen und es in die Hände der Massen plazieren. Die öffentlichen Gebäude, die Geschäfte, die Büros, die Fabriken, die Warenhäuser und das Land, all dies würde von den Gemeinden betrieben werden, um so Vorteile für alle zu bringen. Dies würde allerdings nicht das Ende des persönlichen Besitztums bedeuten.
Der Kommunismus verlangt die Beseitigung des Geldes, und falls die Umstände es ermöglichen, die freie Verteilung von Gütern und Dienstleistungen ensprechend dem persönlichen Bedürfnis. Mit anderen Worten, die Menschen können all das nehmen was sie möchten, insofern sie es auch brauchen. Falls die Produktion unzureichend ist um die benötigten Mengen zu liefern, so werden Waren und Dienstleistungen gleichwertig ausgeteilt, damit ihre gerechte Verteilung garantiert wird. Da es moderne Computertechnologien gibt, dürfte es eigentlich keine größeren Probleme geben die Produktion und Verteilung so zu planen, daß jedermenschs Bedürfnisse befriedigt werden. Besonders da es keine verschwenderischen Vervielfältigungen von Produktionen gibt, wie sie im gegenwärtigen System vorgenommen werden.
Momentan stellt die Arbeit für die meisten Leute etwas dar, das so weit als nur möglich vermieden werden sollte, das aber andererseits notwendig ist um einen akzeptablen Lebensstandard zu erreichen. In einer anarcho-kommunistischen Ökonomie wird unnötige Arbeit abgeschafft werden und nötige Arbeit auf ein absolutes Minimum reduziert werden, um so mit den Wünschen der Menschen übereinzustimmen. Dann wird unangenehme Arbeit, nachdem sie auf ein absolutes Minimum reduziert wurde, von entsprechenden Technologien rationalisiert werden oder von jenen ausgeführt, die an einer solchen Verrichtung Gefallen finden. Die Trennung zwischen Arbeit und Nichtarbeit wird abgeschafft werden, da die Menschen wieder einen harmonischen Lebensstil übernehmen.
Dennoch ist der Anarcho-Kommunismus nicht einfach eine neue Art von Ökonomie oder Methode der sozialen Organisation. Als kontinuierlicher Prozeß, der bereits vor der Revolution beginnt und sich nach ihr weiterentwickelt, muß es einen Angriff gegen alle Auffassungen, Einstellungen, Institutionen und Praktiken geben, die Freiheit und Gerechtigkeit verhindern. Religion, Sexismus, Ageism, Rassismus, Nationalismus, Habgier und Selbstsucht müssen alle beseitigt werden, andernfalls wäre die Revolution nicht angemessen. Aber wir können nicht mehr tun als einige der Verläufe, die entstehen können, hervorzuheben. Viele Dinge, die wir nicht voraussagen können, werden entstehen und deshalb ist dieser Abriß einer anarchistischen Gesellschaft in keiner Weise ein "heiliger" und unabänderbarer Vorschlag.
5. Die Welt in euerem Händen
Wenn du dir anschaust wie die heutige Welt ist, verglichen mit dem System welches wir Anarcho-KommunistInnen gerne sehe würden, dann, um es milde auszudrücken, haben wir noch viel zu tun. Eine derartige Veränderung vorzunehmen scheint eine enorme Aufgabe zu sein.
Aber bevor du anfängst dich entmutigt zu fühlen, denke daran, daß wir in einer sich rasch verändernden Welt leben. Die Welt in der wir heute leben, wäre noch vor 20 Jahren unvorstellbar gewesen sein. Tatsächlich hat die Welt sich in den letzen fünfzig Jahren mehr verändert als in den fünfhundert davor.
Gebilde wie Ökonomie und Technologie spielen eine Rolle in der Gestaltung der Welt, aber schlußendlich sind es doch die Menschen, die etwas verändern. Vorher haben wir das Wohlstandssystem als eine Art der Kontrolle bezeichnet. Allerdings sind derartige Errungenschaften wie das Gesundheitswesen erst dadurch entstanden, daß die arbeitende Klasse dafür gekämpft hat (sogar wenn die PolitikerInnen die Anerkennung hierfür gefordert haben). Ohne die Bedrohung durch die Tat hätten wir so etwas nie erreicht. Streiks oder die dadurch resultierende Bedrohung helfen die Gehälter und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Ohne die Aktionen unserer Klasse verschlechtern sich die Zustände nur noch zusehends. So schlug die Kopfsteuer zum Beispiel fehl, weil die Menschen gekämpft haben und sich geweigert haben zu zahlen.
Heutzutage haben wir die Möglichkeit etwas zu verändern wenn wir vereint handeln. Die Kraft die Gesellschaft zu verändern liegt in den Händen jener die alles hervorbringen - die arbeitende Klasse. Dies ist die Quelle unserer Kraft, wenn wir beabsichtigen sie zu benutzen. Nicht die Kraft um einige Reformen durchzuführen, sondern um das gesamte System zu verändern, um eine soziale Revolution durchzuführen.
Die Linke
Die Anarcho-KommunistInnen sind nicht die einzigen die über Revolutionen reden. In der Vergangenheit gab es unzählige Revolutionen, und dennoch besteht der Kapitalismus immer noch. Wahrer Kommunismus hat bisher nirgendwo existiert; die frühere Sowjetunion war zu ihrem "sozialistischen" Höhepunkt weit davon entfernt. Der Staatskommunismus war immer noch eine Form des Kapitalismus (Staatskapitalismus), wo die Kommunistische Partei die herrschende Gruppe darstellt und die ParteibürokratInnen die Privilegierten waren.
In Anbetracht des Kollapses des staatlichen "Kommunismus" (Kapitalismus) in Osteuropa, müßten wir eigentlich erstaunt sein, immer noch derartige Gruppen in unseren Ländern vorzufinden, die dem Beispiel der Sowjetunion folgen möchten. Dessenungeachtet verbreiten Gruppierungen die die KP oder die TrotzkistInnen immer noch eindeutig die alten Botschaften. "Die ArbeiterInnen sind wiedergekehrt", sagen sie. "Es herrscht eine Krise der Führung; nur wir wissen den Weg nach vorne... wir brauchen Parteidisziplin... eine Partei der Führenden und Geführten...", und so weiter und so fort.
Das alte sowjetische Modell des sogenannten Sozialismus war ein Desaster für die arbeitende Klasse dieser Welt. Ob die Menschen den Lehren von Lenin, Trotzki, Stalin oder Mao folgen, die Realität ist, daß ihre ProphetInnen sich als brutale GegnerInnen der wirklichen arbeitenden Klasse (im Gegensatz zu ihren Phantasien von der ArbeiterInnenklasse) herausgestellt haben. Die Botschaft ist eindeutig: die arbeitende Klasse und die Unterdrückten, falls wir jemals frei sein sollten, müssen die Arbeit selbst verrichten, ohne selbsternannte FührerInnen.
Sollten diese Menschen jemals erfolgreich sein, so werden sie neue Formen der Ausbeutung und der Unterdrückung zustandebringen. Sie werden vom Sozialismus und der neuen gerechten Welt reden, aber sie werden sich in den Führungspositionen befinden und nicht die Unterdrückten. Den Namen den sie dem System verleihen werden, wird ein anderer sein, die Ausbeutung und Unterdrückung werden dennoch weiterbestehen bleiben.
Die Sozialdemokratische Partei benutzt manchmal den Begriff "Sozialismus" um ihre Politik zu beschreiben, aber nicht allzu oft! Noch einmal, die sozialdemokratische Partei ist und war auch nie sozialistisch! Die Sozialdemokratische Partei schafft ein paar hundert Arbeitsstellen für Karrieregierige aus der Mittelklasse, aber hat sonst nie wirklich etwas gutes vollbracht. Trotz mehrerer sozialdemokratischer Regierungen hat sich nichts geändert. Es gibt immer noch Massenarbeitslosigkeit, Einschnitte in den Wohlstand, Rassismus und so weiter und so fort. Der
Kapitalismus besteht weiter wie bisher.
Schon vor Jahren wurde jeglicher Anschein einer radikalen Veränderung von der Sozialdemokratischen Partei fallengelassen. Nur eine immer kleiner werdende Gruppe von sich selbst täuschenden und infiltrierten Menschen sieht noch eine Hoffnung in dieser Richtung.
Die anarchistische Alternative
- die Anarchist Communist Federation (ACF)
Die Anarchist-Communist Federation ist entstanden um im Kampf für eine bessere Welt behilflich zu sein - eine Welt ohne PolitikerInnen, Generäle, Priester und Chefs/Chefinnen. Obschon wir uns nicht als eine Gruppe von Gurus betrachten, die alle Antworten auf Lager haben, so denken wir dennoch, daß wir einige nutzvolle Ansichten und Ideen haben, welche der arbeitenden Klasse von Nutzen sein könnten. Wir besitzen auch eine klar definierte Vision wie eine Welt ohne Ausbeutung zu erreichen ist.
Derzeit versuchen wir unsere Ideen unter die arbeitende Klasse zu verbreiten. Dies beinhaltet die Produktion von Zeitschriften, Flugblättern, Broschüren, Plakaten, Kassetten und so weiter, eben um die anarchistische Botschaft an ein breitmöglichstes Publikum zu bringen. Aber anarchistischer Kommunismus besteht nicht nur darin gute Ideen zu haben. Ideen alleine sind nutzlos, sie müssen angewendet werden. Deshalb ist die ACF auch in die aktive Unterstützung von Streikenden, BesetzerInnen, MieterInnen, Gefangenen, Demonstrationen, Aufständen und so weiter involviert. Wir bringen uns dennoch nicht nur ein um unsere Ideen zu verbreiten, sondern weil wir an derartige Kämpfe glauben, und ihre Verbindung zu sozialen Bewegungen schafft das nötige Klassenbewußtsein um etwas verändern zu können. Die Unterstützung eines solchen Bewußtseins ist wichtig, weil es einfach bedeutet, daß ein kleiner Sieg heute morgen bereits zu einem großen Triumph werden kann.
Wir bringen uns als Anarcho-KommunistInnen in die Kämpfe ein. Mit anderen Worten, wir versuchen die Idee zu propagieren, daß alle Kämpfe von jenen geführt werden sollten, die direkt darin involviert sind, und nicht von außenstehenden ParteifunktionärInnen, AgitatorInnen, GewerkschaftsbürokratInnen oder selbsternannten FührerInnen.
In allen Bereichen der Gemeinschaft unterstützen wir die Bildung von Graswurzelgruppen, wie die autonomen Frauengruppen zur Bekämpfung der sexuellen Unterdrückung. Demnach unterstützen wir autonome ArbeiterInnengruppen von Schwarzen und bringen uns ein im Kampf gegen Rassismus und Faschismus. An den Arbeitsplätzen propagieren wir die Entstehung einer starken autonomen Bewegung jenseits der Kontrolle von Gewerkschaften und Management. Zur gleichen Zeit versuchen wir anarchistisch-revolutionäre Gruppen in den Fabriken zu bilden, um auf diese Weise die anarchistische Idee zu verbreiten. In jedem Fall ist der Kampf um Freiheit auch ein Kampf gegen den Kapitalismus.
Die ACF versucht nicht einen Schwerpunkt oder einen Kampf einem anderem prioritär vorzuziehen. Viel zu lange wurde die arbeitende Klasse gespalten und beherrscht. Es ist von unbedingter Notwendigkeit, daß wir alle klassenkämpferischen Anstrengungen miteinander verbinden, um auf diese Weise eine massive, soziale Bewegung gegen das gegenwärtige System zu bilden.
Und dies ist unser Hauptanliegen, nämlich die Entstehung einer immensen Solidaritäts-bewegung von KämpferInnen gegen unterdrückende Klassenherrschaft.
Ein Nährboden für den Widerstand
Es ist wichtig die Mittel für unsere Klasse zu schaffen, um so auf die Angriffe reagieren zu können. Da die Kämpfe heutzutage sehr oft als voneinander getrennt gesehen werden, können sie leicht einer nach dem anderen aufgefangen werden. Die Bildung einer wirklichen Klasseneinheit bedeutet, daß der Angriff auf einen Bereich unserer Klasse als Angriff auf uns alle betrachtet wird.
Wir sagen nicht, daß eine derartige Bewegung nur defensiv sein sollte. Indem wir Selbstvertrauen in uns als Klasse herstellen, bilden wir die Mittel um das System anzugreifen.
Angreifen heißt für uns eine selbstorganisierte Massenbewegung und ArbeiterInnenräte zu bilden, als Methode der Klassenkraft und Selbstorganisation. Zu diesen hinzukommen werden MieterInnen und Gemeindeorganisationen, die alle durch jene kontrolliert werden die hierin direkt beteiligt sind und an Mietestreiks, Demonstrationen, Aufständen und sozialen Unruhen teilnehmen. Eine derartige Bewegung wird die Kraft aufweisen den Kapitalismus zu stoppen.
Die herrschende Klasse ist zufrieden mit dem gegenwärtigen Stand der Dinge. Sie sind entsetzt über der Idee des anarchistischen Kommunismus. Und wenn wir von der Bildung einer sozialen Massenbewegung des Widerstands reden, welche die Basis des kapitalistischen Systems direkt angreifen wird, dann wissen wir aus der Geschichte, daß die KapitalistInnen alle Kraft des Staates daran setzen werden dies lahmzulegen. Dies ist der Grund weshalb wir von sozialer Revolution reden. Sie werden nicht nur versuchen die Polizei miteinzubeziehen, sondern auch das Militär (falls dieses loyal gegenüber dem System bleibt). Sie werden Gruppen von FaschistInnen, SpitzelInnen, agents provocateurs/provocatrices, SöldnerInnen, also schlicht und einfach alles benutzen um uns aufzuhalten.
Aus diesem Grund ist es sehr wahrscheinlich, daß auf jede soziale Revolution eine versuchte Konterrevolution der herrschenden Klasse und dessen Anhängsel folgt. So wird jede große soziale Bewegung einen bewaffneten Aufstand gegen die herrschende Klasse benötigen. Der Klassenkampf unter der Kontrolle der ArbeiterInnen kann einige Facetten des anarchistischen Kommunismus in die Praxis einfließen lassen. Infolgedessen wird die Bildung von ArbeiterInnenmilizen nötig sein, um sich selbst zu verteidigen und um eventuell den Kapitalismus zu besiegen und ganz abzuschaffen.
Dies alles mag ziemlich hart klingen, aber mit einem Kapitalismus der einer zunehmenden ökonomischen Instabilität, "konventionellen" und nuklearen Kriegen, und der Umweltzerstörung entgegendriftet, sind die schlechten Zeiten in Wirklichkeit bereits da und verschlimmern sich von Minute zu Minute.
Zweck und Mittel
Wir wollen eine Zukunft für uns und unsere Kinder - eine Zukunft die ein maximales Ausmaß an Freiheit verspricht, ohne jegliche wirtschaftliche Ausbeutung. Wir glauben, daß wir die Grundlagen für dies alles bereits heute gelegt haben. Die ACF kämpft für eine solche Zukunft. Wir organisieren uns heute in einer Art und Weise die unser ultimatives Ziel widerspiegelt. Wir besitzen keine rigide Bürokratie (wie die linken Gruppierungen), die von irgendwelchen Parteivorsitzenden geführt und manipuliert wird. Tatsächlich verfügen wir über keine vollbeschäftigte oder permanente BeamtInnen oder Zentralkomitees, keine Führenden und keine Geführten. Unsere Positionen zu diversen Themen und Aktionen werden durch gleichberechtigte Teilnahme beschlossen (soweit die Menschen sich entschließen teilzunehmen). Dies beinhaltet abgedruckte Diskussionen in einer internen Zeitung, jährliche Tagungen (die für alle Mitglieder offen sind), Delegierten-Treffen (zusammengesetzt aus zeitweiligen Delegierten und individuellen Mitgliedern) und regelmäßigen Schulungstagen. Alle "BeamtInnen" (d.h. nationales Sekretariat, KassiererIn) werden für festgelegte Perioden gewählt und können durch die Tagungen oder die Delegierten-Treffen abgesetzt werden, falls sie nicht angemessen handeln.
Die ACF ist, wie der Titel bereits andeutet, eine Föderation. Das Ziel der ACF ist es in einer vereinten Art und Weise zu handeln, so daß der größtmögliche Einfluß innerhalb der ArbeiterInnenbewegung zustande kommt. Somit treten Mitglieder bei, wenn sie eine gewisse Anzahl von Basiszielen und -prinzipien akzeptieren (am Ende dieser Broschüre abgedruckt). Die Mitglieder die an der Aufstellung der politischen Ansichten beteiligt sind, tragen auch eine gewisse Verantwortung bei der Hilfe diese in die Praxis umzusetzen. Dennoch bedeutet dies, daß die lokalen Gruppen und individuellen Mitglieder ihre eigene Ziele und Aktionen in diesem Kontext aufstellen müssen.
Das Geschehen der Anarchist Communist Federation bleibt in den Händen all ihrer Mitglieder. Wir wollen eine Welt schaffen, wo jegliche Macht in den Händen aller Menschen liegt.
Falls du den, in dieser Broschüre ausgedrückten Ideen generell zustimmst und mit unseren Zielen und Prinzipien einverstanden bist, dann bitten wir dich eine Mitgliedschaft anzustreben, um so unsere Bewegung aufbauen zu helfen. Du kannst dies tun indem du an folgende Adresse schreibst:
BM ANARFED, London, WC1N 3XX, England.
http://www.afed.org.uk